Morph.B.

Projektbeschreibung

In der Morphologie werden Flexionen (z.B.: Pluralbildungen: ein Hase -> zwei Hasen), Derivationen (z.B. Substantivbildungen aus einem Verb: hoppeln -> der Hoppler) und Kompositionen (z.B. aus zwei Wurzeln ein neues Wort zusammensetzen: Ostern + Hase -> Osterhase) unterschieden (Elsen, 2014). Internationale Studien haben bereits gezeigt, dass sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen zwischen der Fähigkeit solche morphologischen Strukturen in der Sprache zu erkennen und mit ihnen umzugehen einerseits und Lese- Rechtschreibleistungen andererseits Zusammenhänge bestehen (Haase, 2021; Lee, 2011; Metsala, Parrila, Conrad, & Deacon, 2019; Ruan, Georgiou, Song, Li, & Shu, 2018). Allerdings wurde der differentielle Einfluss verschiedener Facetten der morphologischen Bewusstheit bisher vergleichsweise selten untersucht. Die deutsche Sprache ist prädestiniert für eine solche Untersuchung, da nicht nur alle drei Kategorien der Morphologie im Deutschen eine wichtige Rolle spielen, sondern zusätzlich auch die Morphologie innerhalb der Kategorien sehr variantenreich ist, wie z.B. das Pluralsystem im Deutschen (König & Gast, 2012), wodurch die Facetten mit inhaltlich verschiedenen Items erfasst werden können.

In Morph.B untersuchen wir Zusammenhänge zwischen verschiedenen Facetten der morphologischen Bewusstheit und schriftsprachlichen Leistungen. Dabei wollen wir herausfinden, ob sich die Zusammenhänge mit steigender schriftsprachlicher Kompetenz verändern und ob sie in bestimmten Gruppen, wie bei bilingualen Kindern und Kindern mit diagnostizierter Lese-Rechtschreibstörung, anders sind als bei gleichaltrigen monolingual deutschsprachig aufwachsenden Kindern ohne diagnostizierte Lese-Rechtschreibstörung.

Wir möchten mit diesem Forschunsgprojekt zu einem besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen kognitiven Vorläuferfertigen des Schriftspracherwerbs und Lese- Rechtschreibleistungen beitragen. Dabei beachten wir auch die Besonderheiten von bestimmten Gruppen, wie Kinder ohne deutsche Muttersprache und Kinder mit Lese-Rechtschreib-Störung, um die Prozesse um ihr Lesen- und Schreibenlernen besser verstehen zu können. Dies wiederum ist Voraussetzung für zielgenaue Unterrichtseinheiten und Interventionen.

 

Aktuelle Studien

Göttinger Kinderstudie Sprache

Göttinger Erwachsenenstudie Sprache

 

Literatur

Elsen, H. (2014). Grundzüge der Morphologie des Deutschen (2nd ed.). De Gruyter Studium. Berlin: de Gruyter Mouton.

Haase, A. H. K. (2021). The Relationship between Morphological Awareness and Literacy Skills in German (Dissertation). University of Erfurt, Erfurt. Retrieved from https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00047773

König, E., & Gast, V. (2012). Understanding English-German contrasts (3rd ed.). Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik: Vol. 29. Berlin: E. Schmidt.

Lee, S. (2011). The relationship between morphological awareness and literacy outcomes of elementary students: A meta-analysis study (Dissertation). University of Oregon, Eugene.

Metsala, J. L., Parrila, R., Conrad, N. J., & Deacon, S. H. (2019). Morphological awareness and reading achievement in university students. Applied Psycholinguistics, 40(03), 743–763. https://doi.org/10.1017/S0142716418000826

Ruan, Y., Georgiou, G. K., Song, S., Li, Y., & Shu, H. (2018). Does writing system influence the associations between phonological awareness, morphological awareness, and reading? A meta-analysis. Journal of Educational Psychology, 110(2), 180–202. https://doi.org/10.1037/edu0000216